Bericht eines Bürgers: Ortsbeiratssitzung Lindenberg am 23.3.2023

Wer in einer Großstadt leben möchte sollte jetzt nicht weiterlesen.

Am 23. März 2023 war Ortsbeirat-Sitzung in Lindenberg. Unter den TOP’s 7-9 sollte über das Vorhaben eines Investors (Herr Winter aus Ahrensfelde mit Firmensitz in Lindenberg) entschieden werden, an der Birkholzer Allee ca. 65 Einfamilienhäuser sowie 100 Mietwohnungen zu errichten (für ca. 600 -800 Einwohner). Ein Reporter von der MOZ war an diesem Abend ebenfalls vor Ort.

Man stellte schnell fest, dass die Stimmung unter den Anwesenden gemischt war. Obwohl gemischt nicht ganz der richtige Ausdruck dafür ist. Auf der Ortsbeirats-Sitzung waren viele unbekannte Gesichter zu sehen. Dem Investor waren diese jedoch gut bekannt. Auch die Delegation von Gemeindevertretern und Angehörigen des Vereins Grün Weiß Ahrensfelde war erstaunlich groß.
Erschreckend für mich war der Punkt, dass es nicht mehr um den Fakt ging, ob überhaupt gebaut wird, sondern nur noch um das Wie. Also alles schon beschlossen? Von wem und wann blieb unklar.
Es hat einen Beigeschmack zu wissen, dass man am Samstag zu einer Demonstration der Gemeindevertretung gehen soll, weil man eine Reduktion des Verkehrs und eine Ortsumfahrung in Ahrensfelde will. Gleichzeitig sorgen aber die politisch Verantwortlichen selbst dafür, dass sich das Verkehrsaufkommen durch ca. 2000 Bürger erhöht, in dem Wohngebiete errichtet werden.
Dies wird auch nicht das letzte Wohngebiet sein. Nach der 8 Hektar-Bebauung folgen sicher weitere Neubaugebiete - „Berlin-Nord“ lässt grüßen.

Was habe ich persönlich konkret bei dieser Veranstaltung wahrgenommen?

1. Es existierten zwei Gruppen:
Eine Gruppe möchte Acker, Grün und die freie Umgebung erhalten. Sie ist gegen weitere Versiegelung der knappen Ressource Boden und möchte, wenn man schon Bauen muss (?),aktiv mitentscheiden. Die zweite Gruppe ist schnell beschrieben: Es sind Bürger, die sicher nicht erschienen wären, wenn es nicht um diesen, ihnen gut bekannten Investor und sein Projekt gegangen wäre.

2. Die gestellten Fragen und Statements:
Es wurden Fragen zum Erhalt der Fläche gestellt, Fragen zu Mietwohnungen sowie Fragen zu den Verträgen und Berechtigungen. Die Statements von verschiedenen Bürgern waren sehr diametral und somit für mich sehr überraschend. Sie reichten von „Angst, dass wieder alles zugebaut wird“ bis zu „wir brauchen viel mehr Wohnungsbau schon wegen der Hauptstadtnähe“. Ich frage mich: Welche eingesessenen Bürger wollen Letzteres? Bürger die hier schon immer lebten oder hergezogen sind, wollten raus aus der Großstadt.
Meine Meinung: Wer das Großstadtleben liebt, sollte dort auch bleiben. Wir lösen die Berliner Wohnungsprobleme nicht. Auch ist die von den Mitgliedern des SV Grün-Weiß formulierte Gefahr des Abwanderns von Vereinsmitgliedern nicht zu erkennen. Sie kommen bisher aus gutem Grund zum SV-Ahrensfelde und werden es auch weiter tun.

Schmunzeln musste ich bei der Aussage eines Vereinsmitglieds, welches gern wieder aus Marzahn zurück nach Ahrensfelde möchte und deshalb diese Bebauung wünscht. Sind diese Bürger nicht besser im neuen Baugebiet Lindenberger Str./Ulmenallee aufgehoben? Schließlich wird dort doch früher gebaut und wahrscheinlich auch günstiger zu mieten sein, da diese Wohnungen durch das Hilfswerk der Kirche vermietet werden. Auch die Entfernung zum Verein ist doch bedeutend kürzer. Oder irre ich dabei etwa? Und nicht zuletzt baut Berlin bis an unsere Ortsgrenzen heran, fast fußläufig, jede Menge Wohnungen (Wohngebiete „Mein Falkenberg“, „Wartenberg der Zukunft“, sowie Märkische Allee). Weshalb muss in der Gemeinde Ahrensfelde überhaupt weiter gebaut werden?

Auch das Beschweren über fehlenden Wohnraum für Senioren ist bedenklich. Es muss um barrierefreien Wohnraum für alle gehen. Wir sind eine Gemeinde mit fast 15.000 Einwohnern und haben weit über 1300 Mietobjekte (Stand Zensus 2011). Für Seniorenwohnen sind insgesamt 5 Objekte in 3 Ortsteilen in Planung oder bereits im Bau. Was in unserer Gemeinde fehlt, sind ein funktionierender Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten und medizinische Angebote.

Befremdlich war für mich auch das Argument von Befürwortern des Projektes, der anvisierte Acker sei wertlos und unfruchtbar. Man täte uns einen Gefallen, wenn dieser endlich bebaut würde. Aus meiner Sicht haben die Befürworter des Projektes die Zeichen der Zeit noch nicht verstanden: Es gibt keinen wertlosen Boden! Selbst sogenannte Brachen haben einen wertvollen Platz im Naturkreislauf und in der Landwirtschaft. Wenn man bedenkt, dass heute täglich 700.000 qm² Boden versiegelt werden (laut Auskunft des Bauernverbandes), so ist diese Aussage schon beängstigend. Jedes Bauvorhaben dieser Art wird großen Einfluss auf Menschen, Tier und Umwelt haben.

Ins Schwarze traf die aufgeworfene Frage von Dr. Gebel bezüglich der Planungsberechtigung, ob diese der Gemeinde vorliegt? Die Antwort der Gemeindeverwaltung war Nein.  Auf Fragen, worüber wir dann hier reden, äußerte die Gemeindeverwaltung: Diese Berechtigung könne nachgereicht werden, das wäre so gängig, weil sonst alles viel länger dauert. Was ist denn mit „länger“ gemeint? Warum die Eile, diese Ackerfläche zu bebauen? Vom Investor kam dann die Erklärung, man hätte diese Genehmigung und man müsse planen, deshalb die Eile. Das vorgestellte Planungspapier hinterlässt allerdings mehr Fragen als Antworten. Im städtebaulichen Vorvertrag müssten die Eckpunkte und Verbindlichkeiten für eine Bebauung festgeschrieben werden.

Es stellt sich auch die Frage, ob dieser Investor jetzt schon Eigentümer ist oder nur gekauft hat?
Vermutlich gehört ihm die Fläche längst und er wird nach den ca. 8 Hektar auch weitere Ackerflächen bebauen wollen. Warum also diese Eile, den Flächennutzungsplan ändern zu wollen und das B-Plan Verfahren voranzutreiben? Ganz einfach, ohne diese Änderungen dürfte der Investor gar nicht bauen, denn diese Ackerflächen liegen im Außenbereich und genießen einen besonderen Schutz. Erst wenn die Gemeinde zustimmt, kann der Investor sich als Eigentümer eintragen lassen und das Ackerland verliert seinen Schutzanspruch.

Noch ein paar Gedanken zu unserem Investor, der gerne Hausbesuche durchführt, und Sonderrechte genießt wie etwa ein nach außen öffnendes Einfahrtstor zum Privatgrundstück oder eine Umwidmung von Gemeindeflächen zu Autostellplätzen. Außerdem ist er Sponsor eines Ahrensfelder Sportvereins. Sicher eine feine Sache, doch könnten auch Abhängigkeitsverhältnisse entstehen.

Ein weiterer Punkt ist die offensichtliche Haltung der Gemeindeverwaltung und Gemeindevertreter in Bezug auf das mögliche Vorkaufsrecht? Warum zieht man dies nicht in Erwägung? Ist dafür kein Geld in der Kasse? Stellt man im aktuellen Fall das Wohl eines Investors über das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürger?

Des Weiteren wurde auf der Ortsbeiratssitzung eine Frage zum geplanten Wohngebiet Ulmenallee/Lindenberger Str. gestellt. Man wollte wissen, ob die Aussage von Herrn Schwarz richtig war, dass die Gemeindeverwaltung das Wohngebiet im Zusammenhang mit dem Gymnasium gewollt hat. Verwaltungsmitarbeiter Swen Schwarz antwortete, dass wir keine Ahnung von Schulplanung hätten. Wenn man ein Gymnasium will und dieses beantragt, gehöre immer ein Wohngebiet dazu, um die Schülerzahlen zu rechtfertigen. Diese Aussage irritierte, schrieb doch der Bürgermeister im Begleitbrief zur Einwohnerbefragung, dass die Kirche die 3 Hektar für den Schulbau nur verkaufen würde, wenn sie auf dem restlichen Gelände bauen dürfte. Nun könnte man denken, dass nicht die Kirche den Wunsch äußerte, sondern unserer Gemeinde wichtig war, dass das Wohngebiet gebaut wird.

Was sagt mir das alles zum Schluss? Es ist nicht alles schlecht in Ahrensfelde, aber hier stehen definitiv die Interessen einiger Weniger im Vordergrund und nicht das Wohl der Bürger.

Im Bauausschuss am 13. April 2023 und in der Gemeindevertretersitzung am 17. April wird weiter über das Projekt debattiert und letztendlich entschieden. Ein klares NEIN zum Projekt wäre wünschenswert.

 

 

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